European Economic
and Social Committee
Tatjana Babrauskienė: EU sollte unabhängige Medien in Belarus unterstützen
Der EWSA ist der Auffassung, dass die Lage in Belarus auch die EU angeht und dass ihr gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Die EU und ihre Mitgliedstaaten könnten dazu beitragen, unabhängige Nachrichten aus Belarus in ganz Europa zu verbreiten, indem sie sie in anderen Sprachen zur Verfügung stellen.
Nach der Präsidentschaftswahl in Belarus im August 2020, die nach Auffassung der Opposition und der westlichen Demokratien manipuliert wurde, ist das autoritäre Regime von Alexander Lukaschenko brutal gegen die beispiellose Protestbewegung im Land vorgegangen und hat dazu die Zivilgesellschaft und die Medien massiv unter Druck gesetzt. Über 35 000 Menschen wurden festgenommen, Tausende wurden von Strafverfolgungsbehörden verprügelt und mehrere Demonstranten getötet.
Während der gesamten Zeit berichteten Journalisten, Blogger und Autoren über die Proteste. Sie dokumentierten Polizeigewalt, lieferten korrekte Informationen, suchten nach funktionierenden Internetverbindungen, um Aufnahmen hochzuladen, und taten alles, um einer Verhaftung zu entgehen. Ihnen ist es zu verdanken, dass die ganze Welt von der beispiellosen Menschenrechtskrise in Belarus erfahren hat. Die nicht hoch genug einzuschätzende Arbeit der belarussischen Journalisten, die Mühen, die sie auf sich nehmen, damit wir die Wahrheit erfahren, wobei sie mitunter sogar ihr Leben und manchmal das ihrer Familien riskieren: All dies muss unbedingt anerkannt werden, und wir müssen allen mutigen und friedlichen Demonstranten Anerkennung zollen, die sehr kreative Wege gefunden haben, um ihren Widerstand zum Ausdruck zu bringen.
Der EWSA betont, dass die Lage in Belarus auch die EU angeht und dass ihr gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Die EU und ihre Mitgliedstaaten könnten dazu beitragen, die Nachrichten aus Belarus einem breiteren Publikum zu vermitteln, indem sie Kontakte zu unabhängigen Nachrichtenagenturen aus Belarus knüpfen und dafür sorgen, dass deren Berichte auch in anderen Sprachen angeboten werden.
In einem kürzlich vorgelegten Informationsbericht erläutert der EWSA wichtige Maßnahmen, die die EU-Mitgliedstaaten ergreifen könnten, um unabhängige Medien in Belarus und eventuell auch in anderen Ländern zu unterstützen. So könnten sie
- weltweit ein Beispiel setzen und die Medienfreiheit in Krisen dadurch unterstützen, dass belarussischen Journalisten, die vor Repressionen fliehen, geholfen und Zuflucht geboten wird und dass sie von der Visumpflicht befreit werden,
- einen europäischen Fonds sowie nationale Mittel in den EU-Ländern bereitstellen, um belarussische freie Medien und Journalisten zu unterstützen. Dieses Modell könnte möglicherweise auf andere Länder ausgeweitet werden, in denen eine Diktatur herrscht. In diesem Rahmen sollte auch eine Soforthilfe für unterdrückte und exilierte Journalisten vorgesehen werden, die rechtliche, finanzielle und psychologische Unterstützung benötigen,
- eine Strategie entwickeln, um die Unterstützung so zu kanalisieren, dass die Journalisten dauerhaft weiterarbeiten können,
- prüfen, wie unabhängige belarussische Journalisten in die nationalen Medien der EU-Mitgliedstaaten eingebunden werden können, oder ihnen Arbeitsstipendien anbieten,
- die Unterstützung verstärken und den Verwaltungsaufwand bei der Bereitstellung der finanziellen Hilfen der EU reduzieren sowie eine gewisse Flexibilität ermöglichen,
- alternative Möglichkeiten der Internetversorgung aus der EU für den Fall ausloten, dass der staatliche Anbieter den Zugang sperrt,
- Innovationen beim Informationsaustausch unterstützen,
- keine Ausrüstung oder Software mehr liefern, die zur Zensur des Internets und von Websites in Belarus verwendet werden kann, und Sanktionen gegen das nationale Telekommunikationsunternehmen Beltelecom verhängen, das das Monopol auf die Durchleitung des internationalen Datenverkehrs hat und für Internetsperren im Land verantwortlich war,
- der Internetüberwachung entgegenwirken, belarussischen Journalisten Instrumente zur Umgehung der Zensur an die Hand geben und ihre digitale Kompetenz verbessern.
Der EWSA rät der EU, dringend alle belarussischen Richter, Staatsanwälte und Polizeikräfte, die an der Verfolgung von Journalisten und Aktivisten beteiligt sind, in die Sanktionsliste aufzunehmen.
Tatjana Babrauskienė, Mitglied des EWSA