European Economic
and Social Committee
KI-Spitzenforschung: 18 % der weltweit führenden Experten stammen aus Europa, doch nur 10 % sind dort auch tätig.
Jayant Narayan vom Weltwirtschaftsforum nannte diese Zahlen auf der Juli-Plenartagung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses während einer Debatte über Künstliche Intelligenz (KI). Er mahnte, dass Europa in mittel- bis langfristige Maßnahmen für den Aufbau eines KI-Förderumfelds investieren muss, wenn es im Wettbewerb bestehen will.
Auf der Tagesordnung der letzten EWSA-Plenartagung vor der Sommerpause stand eine Debatte über Künstliche Intelligenz und echte Werte: Unsere digitale Zukunft mit Jayant Narayan, Leiter der Global AI Action Alliance des Weltwirtschaftsforums.
Im Zusammenhang mit den Herausforderungen, vor denen an KI-Lösungen interessierte KMU stehen, betonte Jayant Narayan, dass neuere Entwicklungen wie No-Code-KI, mit deren Hilfe Unternehmen und Privatpersonen auch ohne umfassende Programmierkenntnisse KI-Anwendungen bauen können, keinen Königsweg bieten. Mittel- und langfristig gelte es auch, den KMU Mittel an die Hand zu geben, damit sie die notwendigen Kapazitäten für innerbetriebliche KI-Nutzung aufbauen könnten. Hier gehe es vor allem um Kompetenzerwerb, der sich in den Bereichen KI und Datenwissenschaft allerdings nicht im Handumdrehen bewerkstelligen lasse. Innovationsförderung und -finanzierung seien dabei entscheidend.
Auf die Frage, warum Europa hinter den USA und China abfällt, antwortete Jayant Narayan, dass es dafür verschiedene Ursachen gibt. Eine wesentlich Rolle komme indes der staatlichen Förderung und Finanzierung zu, von den Anfängen des Silicon Valley bis hin zur parteiübergreifenden Zustimmung zum „U.S. Innovation and Competition Act“ (Gesetz für Innovation und Wettbewerb) 2021, über das 250 Mrd. USD für Investitionen in Technologie und Innovation bereitgestellt werden.
„Mit dieser Art Förderung wird ein Markt geschaffen, der auch einen Großteil Ihrer Spitzenforscher und führenden Datenwissenschaftler anziehen wird. Und es handelt sich hierbei weniger um einen kurzfristigen Ansatz als vielmehr um eine mittel- bis langfristige Perspektive, um ein Ökosystem aufzubauen, bei dem es nicht allein um Wertschöpfung vor Ort, sondern um den Ausbau einer Führungsrolle geht.“ Aus neuen Studien gehe hervor, dass 18 % der weltbesten KI-Spitzenforscher aus Europa stammen, jedoch nur 10 % auch dort tätig sind.
Im Zusammenhang mit dem Spannungsfeld von KI und Zivilgesellschaft ging Jayant Narayan auch auf die Frage ein, ob die Entwicklung Künstlicher Intelligenz wirklich im Interesse der Allgemeinheit liegt oder nur den Interessen bestimmter Gruppen dient.
Unter Verweis auf Studien, denen zufolge 30-40 % der Einnahmen von Amazon in jüngster Zeit auf Produktempfehlungen durch Künstliche Intelligenz zurückgehen, betonte Jayant Narayan, dass KI mittlerweile allgegenwärtig ist und es deshalb entscheidend auf Robustheit, Erklärbarkeit, Vertrauen und Transparenz ankommt. Hinsichtlich Erklärbarkeit und Sicherheit seien Fortschritte zu verzeichnen, allerdings wiederum unter Rückgriff auf High-Tech-Anwendungen, die nicht jedermann zugänglich seien.
In der Welt der KI gebe es Grundsätze zuhauf, das Problem sei nur, ob sie auch wirklich angewendet und die Interessen der Zivilgesellschaft gewahrt würden. Um ihre Umsetzung zu fördern, müssten seines Erachtens öffentliche Regulierungsmaßnahmen und branchenweite Richtlinien ineinandergreifen. Durch einen Dialog zwischen der Branche und den Regulierungsstellen könnte die Entwicklung vorangebracht und die Unternehmen womöglich dazu bewegt werden, freiwillige Maßnahmen zu ergreifen.