Angesichts der dramatischen Zunahme der psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen in Europa, vor allem bei jüngeren Menschen, fordert der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) eine Reform der Gesundheitssysteme in der gesamten EU, damit für die psychische Gesundheit eine umfassende Herangehensweise sichergestellt ist.

In der Stellungnahme, die auf Ersuchen des spanischen EU-Ratsvorsitzes erarbeitet und auf der Plenartagung im Juli verabschiedet wurde, erklärt der EWSA, dass der Schwerpunkt der psychischen Gesundheitsfürsorge auf weitsichtiger Prävention, Früherkennung und ortsnaher Betreuung liegen sollte.

„Die Gesundheitssysteme in der gesamten EU müssen dringend reformiert werden, damit sichergestellt wird, dass unter dem Einsatz multidisziplinärer Teams integrierte und geplante langfristige Interventionen und Versorgungsmaßnahmen nicht nur zur Behandlung, sondern auch zur Vorbeugung angeboten werden, anstatt auf episodische Versorgungsmodelle ausgerichtet zu sein“, so die Berichterstatterin der Stellungnahme, Milena Angelova.

"Wir müssen unser System der psychischen Gesundheitsfürsorge ändern. Wir brauchen mehr Spezialisten und mehr Unterstützung für die Menschen, die Hilfe benötigen", erklärt der Ko-Berichterstatter der Stellungnahme, Ivan Kokalov.
Junge Menschen, Kinder, Frauen und benachteiligte Gruppen, aber auch Menschen, die dauerhaft Stress ausgesetzt sind, stehen besonders in Gefahr, eine psychische Störung zu entwickeln.

Infolge der COVID-19-Pandemie hat sich die psychische Gesundheit weiter verschlechtert: Etwa 20 % der Europäerinnen und Europäer leiden unter mittelschweren bis schweren psychischen Störungen. Dies hat auch Auswirkungen auf das Arbeitsleben und das Einkommen. Aktuellen Schätzungen zufolge liegen die durch psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen verursachten Kosten in der EU jährlich bei etwa 4 % des BIP.
Auch fordern psychische Störungen einen hohen menschlichen Tribut und sind die Ursache für etwa 4 % der jährlichen Todesfälle in Europa. Bei jungen Menschen sind sie die zweithäufigste Todesursache.

Der EWSA begrüßt den kürzlich vorgelegten umfassenden Plan für psychische Gesundheit der Europäischen Kommission und fordert nachdrücklich, dass dieser rasch in eine mit angemessenen Mitteln ausgestattete EU-Strategie für psychische Gesundheit umgesetzt wird. Für die Strategie sollten ein Zeitrahmen, klare Zuständigkeiten und messbare Fortschrittsindikatoren festgelegt werden.

Nach Ansicht des EWSA sollten die Systeme der psychischen Gesundheit auf Rechten basieren und personenzentriert sein. Ihr Schwerpunkt sollte auf der Befähigung zur Selbstbestimmung und der aktiven Beteiligung an der eigenen Genesung liegen.
Der EWSA fordert mit Nachdruck, dass die Europäische Kommission das Jahr 2024 zum Europäischen Jahr der psychischen Gesundheit ausruft. Dies wäre ein deutliches Signal und der Bildung einer starken Allianz zur Verbesserung und Förderung der psychischen Gesundheit in der gesamten EU zuträglich.