Die europäischen Landwirte werden mit immer größeren Krisen konfrontiert, von extremen Witterungsbedingungen bis hin zu instabilen Märkten und unlauterem Wettbewerb. Dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) zufolge werden die Landwirte durch die derzeitige EU-Politik nicht geschützt. Er fordert rasche Reformen, um ihr Einkommen zu sichern, ihre Verhandlungsposition zu stärken und eine nachhaltige Landwirtschaft zu gewährleisten.

In einer auf Ersuchen des polnischen EU-Ratsvorsitzes erarbeiteten Stellungnahme fordert der EWSA ein widerstandsfähigeres Agrarsystem, in dem die Landwirte im Mittelpunkt stehen.

„Die Landwirtschaft ist ein hehrer Beruf mit zwei Hauptzielen: hochwertige und sichere Lebensmittel zur Ernährung der Bevölkerung zu erzeugen und die Umwelt zu bewahren und aufzuwerten. Alles, was wir dafür verlangen, ist ein ehrlicher Lohn für ehrliche Arbeit, Respekt und ein fairer Preis für die Lebensmittel, die wir liefern“, so Joe Healy, einer der drei Berichterstatter der Stellungnahme.

Mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) können die heutigen Herausforderungen aus Sicht des EWSA nicht bewältigt werden. Als Finanzinstrumente zur Unterstützung der Landwirte empfiehlt er öffentliche Versicherungen gegen Naturkatastrophen, antizyklische Beihilfen und Direktzahlungen. Fonds auf Gegenseitigkeit, die es bereits in einigen EU-Staaten gibt, könnten ein zusätzliches Sicherheitsnetz bilden und von Landwirten, Industrie, Regionen und der EU gemeinsam finanziert werden.

Der EWSA spricht sich dafür aus, bei der Überprüfung der GAP nach 2027 ihren Haushalt wieder auf mindestens 0,5 % des BIP der EU zu bringen. Es bedarf strengerer Handelsvorschriften, um sicherzustellen, dass importierte Produkte den Umwelt- und Arbeitsnormen der EU entsprechen.

Ein weiteres großes Problem ist der Verkauf unter dem Selbstkostenpreis, eine Praxis, die die Landwirte finanziell extrem unter Druck setzt. Der EWSA fordert die politischen Entscheidungsträger in der EU nachdrücklich auf, ein Verbot von Einkäufen unter dem Selbstkostenpreis ernsthaft zu erwägen, um große Einzelhändler daran zu hindern, Landwirte in den Ruin zu treiben. Hierfür könnten die spanischen Gesetze über Lebensmittelketten als Vorbild dienen.

Um die Transparenz zu verbessern und den Landwirten mehr Marktmacht zu geben, schlägt der EWSA ein digitales EU-Zentrum zur Überwachung von Preisen, Kosten und Gewinnspannen vor. Außerdem plädiert er für kollektive Preisverhandlungen und mehr Unterstützung für Genossenschaften und Erzeugerorganisationen. Die Landwirtschaft in der EU braucht allgemein mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Klimaziele sind durchaus wichtig, aber die Landwirte können die Kosten nicht allein tragen. Sie könnten mit einem Nachhaltigkeitsfonds bei der Umstellung auf umweltfreundlichere Praktiken unterstützt werden. In der Stellungnahme wird vor der Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen gewarnt, da die strengen EU-Vorschriften die hiesigen Landwirte gegenüber ihren Konkurrenten aus Drittstaaten benachteiligen.

Der EWSA betont die Bedeutung von Investitionen in die ländliche Entwicklung, von Innovation und einfacheren GAP-Vorschriften. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die Landwirte ist klar: Die EU-Führungsspitzen müssen dringend handeln, bevor noch mehr Landwirte aufgeben. (ks)