Ko-Kreation von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Bereich Gesundheit als Beitrag zur Stärkung der partizipativen Demokratie in der EU

Bei dieser vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) und der Universität Debrecen organisierten Veranstaltung wurde hervorgehoben, wie wichtig die Ko-Kreation von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Bereich Gesundheit und Wohlergehen insbesondere mit Blick auf die Lehren aus der COVID-19-Pandemie ist.

Gesundheit und Wohlergehen sind zwei Bereiche, in denen öffentliche und private Organisationen mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammenarbeiten können, um Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erbringen. Nach der COVID-19-Krise bedarf es diesbezüglich jedoch auch neuer europäischer Initiativen und Maßnahmen.

Dies ist die wichtigste Erkenntnis der hochrangig besetzten Konferenz zum Thema „Ko-Kreation und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Bereich Gesundheit und Wohlergehen“, die am 15./16. September 2022 von der EWSA-Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft (TEN) zusammen mit der ungarischen Universität Debrecen veranstaltet wurde.

Der EWSA trägt gemeinsam mit verschiedenen Interessenträgern aus der Zivilgesellschaft und aus Wissenschaft und Forschung schon seit geraumer Zeit auf europäischer Ebene zu der Diskussion über die Modernisierung und Weiterentwicklung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bei, so Baiba Miltoviča, Vorsitzende der Fachgruppe TEN des EWSA. Mit der heutigen Konferenz setzen wir unsere Bemühungen fort, sicherzustellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger und Interessenträger Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen haben, die die Voraussetzung für einen angemessenen Lebensstandard bilden und auch in Zukunft bilden werden.

Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Organisationen der Zivilgesellschaft

Im Zentrum der Veranstaltung standen die Ko-Kreation von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie Gesundheits- und Pflegedienstleistungen von allgemeinem Interesse, wobei die Möglichkeiten und Chancen für zivilgesellschaftliche Organisationen und Hochschulen hervorgehoben wurden.

Zu diesem Thema erarbeitet der EWSA derzeit auch die Stellungnahme „Ko-Kreation von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse als Beitrag zur Stärkung der partizipativen Demokratie in der EU“, in der konkrete Maßnahmen wie etwa die Einrichtung eines Forums für den Austausch von Ideen und bewährten Verfahren vorgeschlagen werden, um die partizipative Demokratie zu fördern, sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Menschen erfüllt werden, und die Debatte auf europäischer Ebene zu stimulieren.

Der Vorsitzender der EWSA-Studiengruppe András Edelényi betonte, dass es heutzutage mehr denn je darauf ankomme, die Resilienz unserer Gesellschaften zu stärken: Wir brauchen sowohl die Beiträge der öffentlichen Stellen als auch der Zivilgesellschaft und Einzelner, und diese Beiträge sowie die jeweiligen Ressourcen müssen koordiniert werden. Dienstleistungen von allgemeinem Interesse werden an der Schnittstelle all dieser Bereiche erbracht.

Krzysztof Balon, Vorsitzender der Ständigen Gruppe „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ des EWSA, wies darauf hin, dass die Ko-Kreation von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse durch Organisationen der Zivilgesellschaft, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Unionsbürgerinnen und -bürger Rechnung tragen, eines der wirksamsten Instrumente zur Stärkung der partizipativen Demokratie und damit zur Konsolidierung der europäischen Integration sei. Der EWSA arbeite deshalb gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, Hochschulen und Kommunen sowie mit den anderen EU-Institutionen intensiv an neuen, sowohl europäischen als auch nationalen politischen Initiativen in diesem Bereich.

Unter Verweis auf die aktuell schwierige internationale Lage betonte der amtierende Präsident des ungarischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Gusztáv Báger, dass der Krieg in der Ukraine eine große Herausforderung für alle Organisationen der Zivilgesellschaft in ganz Europa darstelle. Dabei hätten sich sowohl die Stärke der Zivilgesellschaft als auch die wichtige Rolle gezeigt, die dieser bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen und insbesondere bei der Unterstützung von Flüchtlingen zukomme.

In der EU muss nach der Pandemie enger in den Bereichen Gesundheit und Wohlergehen zusammengearbeitet werden

Die COVID-19-Krise hat deutlich gemacht, dass es im Gesundheitswesen sowie in einem breiten Spektrum an gesundheitsbezogenen Dienstleistungen dringend innovativer Ansätze und Lösungen bedarf, bei denen Gesundheitskompetenz, Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, Wohlbefinden, Unterstützungsdienste im gesundheitlichen Bereich sowie verschiedene Pflege- und Betreuungsangebote im Vordergrund stehen müssen.

Die Vizerektorin der Universität Debrecen Piroska Ailer wies darauf hin, dass sich in der Pandemie gezeigt habe, dass eine Zusammenarbeit zwischen immer mehr Bereichen und Akteuren erforderlich sei. Als einer der größten Gesundheitsdienstleister Ungarns könne die Universität Debrecen auf der Grundlage ihrer umfangreichen Erfahrungen einen umfassenden Beitrag zur Formulierung von Vorschlägen auf europäischer Ebene leisten.

Laut Flórián Sipos von der Universität Debrecen entspricht die Ko-Kreation von Gesundheitsdienstleistungen den Anforderungen unserer Zeit, beruhe sie doch auf dem Konzept des aktiven Bürgertums. So könnten die Bürgerinnen und Bürger etwa mit ihrer Erfahrung einen wertvollen Beitrag leisten und damit zu einem besseren Endergebnis beitragen.

Hintergrundinformationen zur Ko-Kreation öffentlicher Dienstleistungen

Die Ko-Kreation öffentlicher Dienstleistungen ist eine Form sozialer Innovation und partizipativer Demokratie in Europa. Sie beruht auf dem Gedanken, dass sich Innovationen im öffentlichen Sektor am besten durch eine Zusammenarbeit bzw. Partnerschaft zwischen öffentlichen Dienstleistern (NGO, öffentlichen Stellen, Privatunternehmen) und den Bürgerinnen und Bürgern, die diese Dienste in Anspruch nehmen, erzielen lassen.

Im Rahmen der Ko-Kreation arbeiten tatsächliche und potenzielle Nutzer von Dienstleistungen in verschiedenen Phasen des Entwicklungsprozesses mit den Anbietern zusammen, um neue Dienstleistungen anzuregen und zu entwickeln, zu erbringen und zu bewerten. In den 2010er Jahren gingen die öffentlichen Verwaltungen in der EU schrittweise davon ab, die Bürgerinnen und Bürger nur als passive individuelle Nutzer von Dienstleistungen zu betrachten, und behandeln diese zunehmend als aktive und dynamische Mitwirkende.

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Co-creation of public services in the health sector will contribute to a more participative democracy in the EU