EWSA sieht Nachbesserungsbedarf bei Kommissionsinitiative für umweltfreundliche Luftfahrt

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) stimmt dem neuen Kommissionsvorschlag grundsätzlich zu, mit dem der Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe in der Luftfahrt erhöht werden soll, sieht jedoch mit Sorge, dass daraus Wettbewerbsverzerrungen in der Branche entstehen könnten.

Die neue Initiative der Europäischen Kommission, mit der die Entwicklung des Markts für nachhaltige Flugkraftstoffe beschleunigt werden soll, ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch muss noch nachgebessert werden, damit sie wirksam umgesetzt werden kann, ohne Wettbewerbsverzerrungen auszulösen. Dies ist die wesentliche Botschaft der Stellungnahme zu dem Vorschlag RefuelEU Aviation, die Thomas Kropp ausgearbeitet hat und die auf der Oktoberplenartagung verabschiedet wurde.

Wenn nachhaltige Flugkraftstoffe in ausreichenden Mengen hergestellt und allen Fluggesellschaften zur Verfügung stehen würden, könnten sie tatsächlich erheblich zur Senkung der CO2-Emissionen des Luftverkehrs beitragen. Es ist jedoch nicht klar, ob mit dem von der Kommission verfolgten Ansatz Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden, so Kropp.

Die Luftfahrt ist ein internationaler Dienstleistungssektor. Zwei Märkte mit unterschiedlicher Marktdynamik sind hier relevant: der europäische Binnenmarkt bzw. EWR und der internationalen Regelungen unterliegende Weltmarkt. Dieser Unterschied sollte im Vorschlag der Kommission klar herausgestellt werden. Wichtig ist, dass die Beibehaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen im EWR angestrebt wird und auf internationaler Ebene anwendbare Nachhaltigkeitsstandards aktiv vorangetrieben werden.

Der Luftverkehrsmarkt der EU ist für den Handel und den Tourismus in der Europäischen Union sowie für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Branchen ist die Luftfahrt jedoch nach wie vor in hohem Maße auf fossile Brennstoffe angewiesen. Da der Luftverkehr zu den Sektoren mit dem am stärksten zunehmenden CO2-Ausstoß gehört, müssen Rechtsetzungsinitiativen zur Eindämmung der Auswirkungen auf die Umwelt ergriffen werden.

Um das Wachstum der Branche bei gleichzeitiger Senkung ihres CO2-Ausstoßes zu ermöglichen, hat der Vorschlag der Kommission zum Ziel, die Produktion, den Vertrieb und den Markthochlauf nachhaltiger Flugkraftstoffe voranzubringen und dazu die Treibstofflieferanten zu verpflichten, an allen Flughäfen der EU dem angebotenen Turbinenkraftstoff nach und nach mehr nachhaltigen Kraftstoff beizumischen, und die Fluggesellschaften zu verpflichten, Treibstoff mit einem schrittweise steigenden Anteil an nachhaltigem Kraftstoff zu tanken.

Der EWSA empfiehlt eine Pilotphase, während der die EWR-internen Umweltvorschriften vereinheitlicht werden und die Kommission sich um eine enge Koordinierung der EU-Maßnahmen mit ähnlichen internationalen Initiativen zur Förderung von nachhaltigem Flugkraftstoff bemüht. Sobald genügend nachhaltiger Flugkraftstoff produziert wird und Luftfahrtunternehmen aus der EU und aus Drittländern zur Verfügung steht, würde diese Verordnung in vollem Umfang angewandt werden und auch Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen, die von EU-Flughäfen abfliegen, Verpflichtungen auferlegen.

Zum Thema CO2-Emissionen hat Thomas Kropp die Stellungnahme Mitteilung im Rahmen des Systems zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (CORSIA) erarbeitet, die ebenfalls auf der Oktoberplenartagung verabschiedet wurde. Der EWSA unterstützt darin den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG in Bezug auf die Mitteilung der Kompensation im Jahr 2021 und spricht sich für dessen umgehende Annahme aus, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Die CO2-Emissionen der Luftfahrt sind 2020 wegen der COVID-19-Pandemie um 64 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Der Rat der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) der Vereinten Nationen beschloss deshalb im Juli 2020, dass die Emissionen des Jahres 2019 als Referenzwert für die Berechnung der Kompensation durch Luftfahrzeugbetreiber für die Jahre 2021 und 2022 herangezogen werden sollten. Die Richtlinie 2003/87/EG soll dahingehend geändert werden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, im Jahr 2022 Kompensationen für 2021 zu melden, wie in internationalen Regelungen vorgesehen, auch wenn der Emissionsanstieg 2021 im Vergleich zu 2019 vernachlässigbar, wenn nicht gleich null sein dürfte.

Der EWSA empfiehlt deshalb eine Verlängerung der geänderten Referenzwerte, bis die Passagierzahlen wieder auf dem Niveau von 2019 liegen, zumindest jedoch für 2022 und 2023, denn dies sind die Jahre, in denen sich nach jetzigem Ermessen der Markt erholen dürfte. Andernfalls wären die Luftfahrzeugbetreiber verpflichtet, ihre Emissionen auszugleichen, obwohl sie weniger fliegen und weniger Emissionen als im Referenzjahr verursachen.

Der EWSA begrüßt die globalen Maßnahmen für international tätige Branchen und fordert die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten auf, das CORSIA‑System weiterhin uneingeschränkt zu unterstützen und mitzutragen. Das System ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Minderung der Umweltauswirkungen des Luftverkehrs. Es wurde 2016 von den ICAO-Mitgliedstaaten (einschließlich der EU-Mitgliedstaaten) als Klimaschutzinstrument in der internationalen Luftfahrt beschlossen.