European Economic
and Social Committee
Kinder mit Behinderungen: Wir können alles, nur manchmal ein klein wenig anders
Der elfjährige Jan Štuka aus Zagreb (Kroatien) leidet an Spina bifida und kann nur mithilfe von Orthesen und einer Mobilitätshilfe laufen. Das hält ihn allerdings keineswegs davon ab, ein erfolgreicher Sportler zu sein. Der Gewinner des Preises für den besten jungen kroatischen Para-Basketballspieler im Jahr 2023 nahm auch an Schwimmwettkämpfen teil und trainiert jetzt zusätzlich noch nordischen Skilauf. In seiner Freizeit spielt er mit seinen Freunden Fußball. Die Tore schießt er mit der Hand. Jan und seine Mutter Jasmina Bogdanović sprachen mit uns über die Möglichkeiten für Kinder mit Behinderungen, Sport zu treiben und erklärten, warum es wichtig ist, diese Kinder so wenig wie möglich spüren zu lassen, dass sie anders sind.
JAN:
Wann hast du mit Sport angefangen und welche Sportarten hast du bis jetzt gemacht?
Als ich zwei war, lernte ich in einem Schwimmkurs schwimmen. Mit vier wechselte ich zu einem Schwimmverein für Paraschwimmer, wo ich alle Schwimmtechniken lernte und an einigen Wettkämpfen teilnahm. Mit elf hörte ich auf, weil ich es ein bisschen langweilig fand.
Mit acht fing ich dann mit dem nordischen Skilauf und auch mit Rollstuhlbasketball an. Ich mache beides bis heute und es sind jetzt meine Lieblingssportarten.
Klettern habe ich auch ein paar Mal versucht, und es hat mir großen Spaß gemacht, aber ich habe leider nicht die Zeit, eine weitere Sportart zu trainieren. Einen Sommer lang habe ich auch an einem Krav-Maga-Kurs teilgenommen. Das war sehr gut und ich würde das in Zukunft gerne mal weiter machen.
Welche Auszeichnungen hast du gewonnen und welche bedeuten dir am meisten?
Ich habe mehrere Preise mit meinem Basketballverein gewonnen. Am meisten freue ich mich über den Preis für den besten jungen Para-Sportler in meiner Kategorie, der mir 2023 vom Para-Sport-Verband Zagreb verliehen wurde.
Wie sieht dein Alltag mit Training aus? Wie oft trainierst du normalerweise pro Woche?
Morgens gehe ich in die Schule. Danach erledige ich zuerst meine Hausaufgaben und treffe mich mit meinen Freunden. Abends habe ich dann Training. Bis jetzt hatte ich einmal in der Woche Trocken-Skitraining, einmal Basketball und ein bis zwei Mal Schwimmen. Ab diesem Schuljahr höre ich mit dem Schwimmen auf und trainiere dafür zwei bis drei Mal die Woche Skilaufen.
Im Winter fahre ich auch in Skilager, in Planica in Slowenien und in einige österreichische Skigebiete. Ich mag diese Camps, weil da auch meine Freunde dabei sind, so dass wir nicht nur trainieren, sondern auch Spaß miteinander haben.
Mit dem Basketballverein fahren wir manchmal zu Spielen in andere kroatische Städte. Letzten Herbst waren wir auch in Rom und spielten gegen das Basketballteam SS Lazio.
Hast Du einen Lieblingssportler oder eine Lieblingssportlerin? Möchtest du gerne eines Tages an einem wichtigen internationalen Sportwettbewerb teilnehmen?
Früher war Luka Modrić mein Lieblingssportler. Zur Zeit habe ich aber keine besonderen Vorbilder, denen ich folge.
Ich würde gerne an internationalen Sportwettbewerben teilnehmen. Basketball und Skifahren, hoffe ich.
JASMINA:
Wie viel Aufmerksamkeit wird dem Sport für Kinder mit Behinderungen in Kroatien gewidmet?
Als Mutter habe ich schon den Eindruck, dass die Aufmerksamkeit sehr groß ist. Leider werden die Eltern aber nicht ausreichend über die Möglichkeiten informiert. Dabei suchen Sportvereine händeringend nach neuen Mitgliedern. Es ist schade, dass das so ist. In größeren Städten ist die Situation natürlich viel besser.
Hat ein Kind mit einer Behinderung genügend Möglichkeiten und Anreize, um Sport zu treiben? Oder sind da eher die Eltern gefragt?
Es gibt viele Möglichkeiten und Anreize für Kinder – wenn sie und ihre Eltern denn wollen. Wie schon gesagt, wissen Eltern oft nicht ausreichend Bescheid. Einige wollen keine weiteren Verpflichtungen eingehen oder haben Angst, dass ihr Kind beim Sport verletzt wird. Diese Einstellung ist bedauerlich, denn der Sport für Menschen mit Behinderungen ist kostenlos und in meinen Augen sehr gut für die körperliche und geistige Gesundheit, von der sozialen Integration ganz zu schweigen. Ich würde nicht sagen, dass die Eltern stärker gefragt sind als bei gesunden Kindern desselben Alters. Natürlich gibt es je nach Erkrankung Ausnahmen. So muss Jan zu den Winterskilagern oder Auswärtsspielen immer noch von einem Elternteil begleitet werden. Aber mit zunehmendem Alter wird das wahrscheinlich immer seltener notwendig sein und für uns Eltern hoffentlich eine freiwillige Entscheidung. Ziel ist es, in all diesen Bereichen eigenständig zu werden. Sein regelmäßiges Training führt Jan ohne unsere Unterstützung durch.
Was würden Sie als Mutter eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen noch hinzufügen?
Lasst sie ihre besonderen Bedürfnisse so wenig wie möglich spüren und bezieht sie dazu ihrem Alter und ihren Fähigkeiten entsprechend in den Alltag mit ein. Dann werden sie sich selbst als normale Kinder wahrnehmen, die manches zwar etwas anders, aber dennoch machen! Jan fährt ein Fahrrad mit drei Rädern, nicht mit zwei. Er schwimmt und taucht wie all seine Freunde, aber er benutzt dafür seine Beine weniger oder gar nicht. Er spielt Fußball in der Mannschaft, schießt seine Tore aber mit der Hand. „Wir können alles, nur manchmal ein klein wenig anders“ – wenn sie sich selbst so akzeptieren, dann werden sie auch von anderen so akzeptiert.
Der elfjährige Jan Štuka geht in die fünfte Klasse einer Grundschule in Zagreb. Er war Mitglied des Natator Schwimmvereins für Paraschwimmer. Er ist Mitglied des KKI Zagreb (Rollstuhlbasketball) und des Monoski Zagreb Ski Club für Menschen mit Behinderungen. Dort trainiert er regelmäßig im Rahmen des Programms Nordischer Skilauf für Menschen mit Behinderungen.
Jasmina Bogdanović verfügt über einen Abschluss der School of Design der Fakultät für Architektur der Universität Zagreb. Sie hat 20 Jahre lang für verschiedene Marketingagenturen gearbeitet. Zur Zeit arbeitet sie in Teilzeit und im Homeoffice für ein kleineres Grafikstudio, so dass sie Jan zu den Skilagern und anderen Sportveranstaltungen begleiten kann. Sie ist leidenschaftliche Radfahrerin und fährt überall mit dem Fahrrad hin.