Ein neues Kriterium für Handel und nachhaltige Entwicklung: EWSA bringt Konsens über die Zukunft des nachhaltigen Handels voran

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Auf seiner Plenartagung im Januar verabschiedete der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) eine Stellungnahme, in der er den neuen, in der Mitteilung „Die Macht von Handelspartnerschaften“ unlängst dargelegten Ansatz der EU für Handel und nachhaltige Entwicklung begrüßt. Der EWSA unterstützt die umfassende Überprüfung durch die Kommission, mit der ein neues Kriterium für Handel und nachhaltige Entwicklung festgelegt wird. Er ist der Auffassung, dass die neu eingeführten Elemente Teil aller Handelsabkommen sein sollten – seien es nun künftige, derzeit in Aushandlung befindliche oder bereits geltende Abkommen, in denen das neue Kriterium ebenfalls so weit wie möglich angewandt werden sollte. Der neue Plan für Handel und nachhaltige Entwicklung weist jedoch auch einige Mängel auf, und der EWSA bedauert, dass die Zivilgesellschaft nicht stärker in die Verhandlungen einbezogen wurde.

Die Mitteilung ist das Ergebnis einer mehrjährigen Überprüfung der Handelspolitik. Dabei wurde ausgelotet, wie die Bestimmungen in Sachen Arbeit, Umwelt und Zivilgesellschaft in Freihandelsabkommen der EU gestärkt werden können, um echte Veränderungen vor Ort herbeizuführen – ein Anliegen, bei dem der EWSA, wie Berichterstatterin Tanja Buzek betonte, treibende Kraft war: Unsere Forderung nach Handels- und Nachhaltigkeitskriterien der nächsten Generation gründet sich auf das übergeordnete Narrativ, verkrustete Denkmuster aufzubrechen und über die klassischen Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung hinauszugehen. Wir verweisen dabei auf den Beitrag des EWSA zur Überprüfung des Handels und der nachhaltigen Entwicklung im Jahr 2021. Heute schließen wir uns der einhelligen Auffassung des Europäischen Parlaments und des Rates an, dass ein neuer Ansatz für Handel und nachhaltige Entwicklung der einzige Weg in die Zukunft ist.

Der EWSA betrachtet Nachhaltigkeit seit jeher als eine der Triebkräfte der Handelspolitik und betont, dass ein integrierter Ansatz – auch über die Handelsbeziehungen der EU hinaus – der neue Standard ist. Diese Verbesserungen sind auch wichtig, damit die Handelspolitik die erforderliche politische Legitimität und Unterstützung findet und bereits ausgehandelte Handelsabkommen zum endgültigen Abschluss gebracht werden können. Der EWSA wird die Einführung des neuen Ansatzes überwachen und die Institutionen umfassend beraten.

Berücksichtigung der wichtigsten Empfehlungen des EWSA

Bemerkenswerterweise hat die Kommission mehrere Empfehlungen des EWSA umgesetzt. Der EWSA begrüßt, dass nun endlich Handelssanktionen als letztes Mittel möglich sind. Er stellt jedoch fest, dass sie nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen zentrale Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung verhängt werden können, was weiterer Präzisierung bedarf. Detaillierte und zeitgebundene Fahrpläne in Verbindung mit der Überwachung durch die Zivilgesellschaft werden zu einem zentralen Instrument. Daneben soll der Schwerpunkt auf einer gemeinsamen horizontalen Überwachung durch EU-Stellen, institutionelle sowie internationale Akteure liegen. In puncto Durchsetzung der Kriterien für Handel und nachhaltige Entwicklung bekräftigt die Berichterstatterin, dass besser definierte und striktere Fahrpläne zwar durch einen länderspezifischen Ansatz Unterstützung leisten können, es aber ebenso wichtig ist, die Verpflichtungen in den Abkommen präzise zu formulieren. Der EWSA betont ferner, dass die Fahrpläne stärker als Hebel für Anstrengungen vor der Umsetzungsphase genutzt werden sollten, und fordert nachdrücklich deren Offenlegung.

Möglichkeiten zur weiteren Stärkung der internen Beratungsgruppen und zur Schließung der Lücken in Bezug auf die Zivilgesellschaft

Der EWSA unterstützt die stärkere Einbeziehung der internen Beratungsgruppen während der gesamten Laufzeit von Handelsabkommen, da diese in hohem Maße von einem Überwachungsmechanismus der Zivilgesellschaft profitieren. Die internen Beratungsgruppen sind entscheidend dafür, dass die Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung etwas bewirken, betont Tanja Buzek. Sie verfügen über gute Kontakte zur Zivilgesellschaft in den Partnerländern und können wertvolle Erfahrungen vor Ort einbringen, die Politikern und Beamten fehlen.

Der EWSA fordert klar festgelegte Aufgaben für die internen Beratungsgruppen. Die Vertragsparteien sollten dafür in die Verantwortung genommen werden, dass die als interne Beratungsgruppen benannten Gremien ihrem Zweck entsprechend handlungsfähig sind, gerade wenn bereits bestehende Gremien mit dieser Aufgabe betraut werden. Ebenso müssen die Kommissionsdienststellen ausreichende Ressourcen bereitstellen, um den verstärkten Ansatz in Sachen Handel und nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Darüber hinaus sind ausreichende finanzielle Mittel und technische Unterstützung für die internen Beratungsgruppen erforderlich.

In der Stellungnahme wird auch betont, dass ein großer Schwachpunkt nach wie vor darin besteht, dass die Zivilgesellschaft bei der Aushandlung aller EU-Handelsabkommen unzureichend einbezogen und ihre Beiträge zu wichtigen EU-Vorschlägen nicht zufriedenstellend berücksichtigt werden. Der EWSA fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen: zunächst sollte die ständige Sachverständigengruppe für Freihandelsabkommen wieder eingesetzt werden. Dies wäre ein entscheidender Schritt in der Kommissionsstrategie zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in der Handelspolitik.

To-Do-Liste: Gerechter Übergang und multilaterale Ziele

Der EWSA bedauert, dass die Mitteilung nicht im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris steht. Denn der gerechte Übergang wird nicht zum übergreifenden Konzept in Handelsabkommen gemacht, das den Erfordernissen der sozialen und der ökologischen Nachhaltigkeit gebührend Rechnung trägt. Das neu gegründete Bündnis von Handelsministern für Klimaschutz könnte eine geeignete Plattform sein, um dieses Konzept zu verbreiten, so Tanja Buzek. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sollten zudem sowohl ökologische als auch soziale Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden.

In der Stellungnahme wird die Bedeutung eines multilateralen Handelskonzepts auf der Grundlage internationaler Organisationen unterstrichen. Der EWSA spricht sich für die Förderung der neuen Strategie in Sachen Handel und nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) aus. Dazu sollten zielkonforme Bündnisse geschmiedet werden. Nachdem die ökologische Nachhaltigkeit in das WTO-Regelwerk aufgenommen wurde, ist eine engere Zusammenarbeit mit der WTO und der Internationalen Arbeitsorganisation von entscheidender Bedeutung für die Förderung menschenwürdiger Arbeit und Arbeitsnormen durch Handelsinstrumente. Als ersten Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel empfiehlt der EWSA konkret, über bilaterale Gespräche hinauszugehen und eine Konferenz zum Thema Handel und nachhaltige Entwicklung mit Handelspartnern der EU und gleichgesinnten Ländern zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren einzuberufen.

Nächste Schritte für in Vorbereitung befindliche Abkommen

Der EWSA erwartet, dass die neue Strategie für Handel und nachhaltige Entwicklung auf Handelsabkommen und Verhandlungen, einschließlich bereits abgeschlossener, aber noch nicht vollständig ratifizierter Freihandelsabkommen, angewandt wird. Insbesondere erwartet er, dass dies bei dem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) der Fall sein wird. Dazu ist bereits eine frühzeitige Überprüfung des Handels und der nachhaltigen Entwicklung im Gange. Wenn eine Wiederaufnahme abgeschlossener Freihandelsabkommen nicht möglich ist, sollte der Handelsausschuss die Möglichkeit erhalten, das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung zu ändern, wie es bei dem Abkommen mit Neuseeland der Fall war, so der Vorschlag des EWSA.

Hintergrund

Seit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea im Jahr 2011 wurden Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung weiterentwickelt und in alle EU-Abkommen aufgenommen. Festgeschrieben wurde die Verpflichtung, multilateral vereinbarte Arbeits- und Umweltstandards einzuhalten und zu verhindern, dass das Schutzniveau gesenkt wird, um Handel und Investitionen anzuziehen.

Im Juni 2022 ebnete die Kommission nach Jahren des kritischen Engagements der Zivilgesellschaft und zunehmender Erwartungen der Institutionen den Weg für die neue Strategie für Handel und nachhaltige Entwicklung. Dabei wird einer proaktiveren Zusammenarbeit mit Handelspartnern, der durchgängigen Berücksichtigung der Nachhaltigkeit über die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung hinaus und einer stärkeren Rolle der Zivilgesellschaft Vorrang eingeräumt. Die Kommission bekräftigt, dass die Verpflichtungen in allen Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung verankert werden sollen. Sie spricht sich dafür aus, die Umsetzung ihrer Ziele in diesem Bereich besser auf die jeweiligen Herausforderungen, Bedürfnisse und Kapazitäten abzustimmen.

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