Der EWSA fordert eine EU-Strategie für sozialen und erschwinglichen Wohnraum

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) fordert eine entschlossenere Wohnungspolitik der EU. Auf einer öffentlichen Konferenz am 4. Dezember in Brüssel forderte er die EU auf, in diesem Bereich gemeinsame Sofortmaßnahmen zu ergreifen: Wohnungspolitik auf europäischer Ebene muss allen Menschen in Europa Zugang zu erschwinglichem Wohnraum ermöglichen.

Die Europäische Union muss im Bereich des sozialen Wohnungsbaus mit einer Stimme sprechen und entsprechend handeln. Angesichts der derzeitigen Wohnraumkrise in Europa sind Sofortmaßnahmen erforderlich. Nicht mehr nur die am stärksten benachteiligten Mitbürger sind von der realen Gefahr übermäßiger Wohnungskosten betroffen, sondern auch ein ständig wachsender Teil der übrigen Bevölkerung.

Wohnungspolitik auf europäischer Ebene darf sich nicht auf die Unterstützung schutzbedürftiger Einzelpersonen und Menschen in Not beschränken, sondern muss ausgeweitet werden, um allen Menschen erschwinglichen Wohnraum zu ermöglichen. Vor allem müssen die Maßnahmen den Bedürfnissen der Haushalte Rechnung tragen, hochwertige und energieeffiziente Wohnungen sowie eine soziale Durchmischung in den Gebäuden und städtischen Vierteln fördern und Ausgrenzung bekämpfen.

Auf der öffentlichen Konferenz zum Thema „Sozialer Wohnungsbau: Eine Dienstleistung von allgemeinem Interesse zur Gewährleistung einer bezahlbaren, angemessenen und energieeffizienten Wohnung für alle?“ am 4. Dezember 2019 in Brüssel machte der EWSA eine Bestandsaufnahme der verschiedenen wohnungspolitischen Maßnahmen in der EU und forderte eine gemeinsame Strategie auf europäischer Ebene.

Pierre Jean Coulon, Vorsitzender der Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft (TEN) des EWSA, unterstrich, dass die Energiewende nur gemeistert werden könne, wenn die soziale Dimension des Wohnungsbaus bekräftigt werde. Ohne die soziale Dimension des Wohnungsbaus ist der Kampf gegen den Klimawandel aussichtslos. Ein besserer sozialer Wohnungsbau ist die Garantie für den Erfolg von Klimaschutzmaßnahmen: hochwertiger Wohnungsbau bietet den Bürgern ein besseres Leben, und das hilft bei der Bewältigung des klimabedingten Wandels, so Coulon.

Raymond Hencks, Vorsitzender der Temporären Studiengruppe Dienstleistungen von allgemeinem Interesse des EWSA, griff diese Worte auf und verwies auf die Herausforderung, die die endgültige Aufnahme dieser Fragen in die politische Agenda der neuen Europäischen Kommission darstelle, um die sich seit 2008 verschärfende Wohnungskrise zu lösen. Das Recht auf Wohnraum ist eine internationale Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die auch die EU einhalten muss. Dieses Recht ist in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und im Vertrag von Lissabon verankert. Die Union und die Mitgliedstaaten haben die Pflicht, den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, auch zu Wohnraum, zu wahren.

Die Veranstaltung befasste sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem 19. Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte: „Hilfsbedürftigen wird Zugang zu hochwertigen Sozialwohnungen oder hochwertiger Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung gewährt.“

Sozialer Wohnungsbau ist eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, fällt in den Geltungsbereich des Vertrags in Bezug auf die gemeinsamen Werte der Europäischen Union und gehört zu den Grundrechten wie Menschenwürde und menschenwürdige Behandlung. Er ist gedacht für diejenigen Haushalte, die sich auf den traditionellen Immobilienmärkten keinen angemessenen Wohnraum mehr leisten können, weil ihr verfügbares Einkommen nach Abzug der Wohnkosten nicht ausreicht, um die anderen Grundbedürfnisse zu decken.

Die Fähigkeit, das Recht auf Wohnraum wahrzunehmen, hängt von einer ausreichenden Verfügbarkeit von Wohnungen zu erschwinglichen Preisen ab. Gegenwärtig sind die Wohnkosten der größte Ausgabenposten der Haushalte – zum Nachteil anderer Grundbedürfnisse. Haushalte, die über 33 % des verfügbaren Einkommens für Wohnkosten ausgeben, gelten dadurch als übermäßig belastet. Sie sind einem hohen Risiko der Überschuldung und/oder der sozialen Ausgrenzung ausgesetzt.

Die EU verfügt derzeit über keine einheitliche Wohnraumstrategie. Wenngleich sie weiterhin dem Subsidiaritätsprinzip unterliegt, wird die Wohnungspolitik zunehmend in anderen Politikbereichen der EU berücksichtigt.

 

Weitere Informationen zu der Konferenz sowie zur Arbeit und zu den Tätigkeiten der Fachgruppe TEN des EWSA finden Sie auf unserer Website.

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