Andrew Caruana Galizia: „Wir müssen zusammen die europäischen Werte hochhalten“

Der Sohn der 2017 ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die über Regierungskorruption berichtet hatte, sprach auf der Dezember-Plenartagung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) und forderte dort einen europäischen Mechanismus zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit, der zum Schutz von Journalisten vor jeder Form von Druck beitragen könnte.

Wenn ein Journalist ermordet wird, ist das ein Angriff auf die Gesellschaft und auf die europäischen Grundwerte. Aus diesem Grund braucht die EU Strukturen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität sowie Mechanismen zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit.

Andrew Caruana Galizia, Sohn der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die nach ihren Recherchen und Enthüllungen über Korruptionsfälle auf höchster Regierungsebene am 16. Oktober 2017 ermordet wurde, war Gastredner auf der Plenartagung des EWSA im Dezember. In seiner Rede wies er auf die Notwendigkeit neuer europäischer Instrumente zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa hin.

Das Europäische Parlament arbeitet derzeit an der Einführung eines Mechanismus zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit, und die neue Kommission steht diesem Vorschlag offenbar positiv gegenüber. Wir müssen zusammen dafür sorgen, dass dieses Instrument auch stark genug ist und seinen Zweck erfüllt, damit die Werte, die die Europäische Union ausmachen, in gleicher Weise durchgesetzt werden können wie die Grundfreiheiten des Binnenmarktes, erklärte er.

Viele der von meiner Mutter aufgedeckten Verbrechen waren europaweite Straftaten, die sich auf mehrere Länder erstreckten. Viele dieser Straftaten können von einer Polizeibehörde allein nicht verfolgt werden. Die EU-Mitgliedschaft hat den freien Fluss von Kapital und politische Unterstützung auf europäischer Ebene ermöglicht, im Bereich Justiz und polizeiliche Ermittlungen gibt es jedoch kein solches nahtloses Ineinandergreifen, so Caruana weiter.

EWSA-Präsident Luca Jahier betonte, wie wichtig der freie Journalismus für das ordnungsgemäße und ausgewogene Funktionieren unserer Gesellschaft ist: Die Pressefreiheit steht im Zentrum der Werte, die uns teuer sind. Wenn Journalisten zum Schweigen gebracht werden, ist das auch ein Angriff auf die Demokratie. Die Enthüllungen der letzten Wochen haben bestätigt, wovor Daphne vor ihrer Ermordung schon lange gewarnt hatte: Es gab in Malta, dem kleinsten EU-Mitgliedstaat, schwerwiegende Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit, und zwar gerade durch jene, denen der Schutz der Bürgerinnen und Bürger des Landes anvertraut war. Seitdem sind weitere Journalisten bei investigativen Recherchen ums Leben gekommen. Sie alle haben sich für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit eingesetzt. Sie alle starben, weil sie sich nicht zum Schweigen bringen ließen.

Die Plenarversammlung würdigte Caruana Galizia ´s Arbeit von unschätzbarem Wert und bekräftigte einmütig die Bedeutung freier Medien und die wesentliche Rolle des Journalismus bei der täglichen Verteidigung unserer Grundfreiheiten, die zusammen mit der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Frieden und Stabilität in Europa gewährleisten.

Das maltesische EWSA-Mitglied Stefano Mallia wies darauf hin, dass derzeit die Menschen in Malta fast täglich auf die Straße gehen: Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes protestieren Tausende, ohne dass eine Partei dahintersteht. Das ist eine beispiellose Entwicklung für ein Land, in dem die Parteien im Alltag allgegenwärtig sind. Dies ist ein historischer Moment, unsere Zivilgesellschaft erhebt endlich ihre Stimme. Daphne wäre stolz darauf. Wir wollen unser politisches System säubern, um unsere Demokratie zu verteidigen und um für Gerechtigkeit zu sorgen – Gerechtigkeit für Daphne, ihre Familie und ihr Land, für das sie sich so sehr eingesetzt hat.

Andrew Caruana Galizia verwies auf die jüngsten Entwicklungen bei den Ermittlungen zum Mord an seiner Mutter und nahm dabei kein Blatt vor den Mund. Ohne institutionelle Veränderungen werde es in Malta niemals Hoffnung auf Gerechtigkeit geben, und auch die politische Kultur des Landes müsse sich ändern: Noch nie in unserer nationalen Geschichte waren wir so nahe an einem Konsens darüber, was sich auf institutioneller und Verfassungsebene sowie in der politischen Kultur, den Parteien und der Medienkultur in unserem Land ändern muss.

Luca Jahier würdigte abschließend die maltesische Zivilgesellschaft, die sich in außerordentlicher Weise mobilisiert hat: Alle Verantwortlichen für den Mord an Daphne Caruana Galizia müssen so schnell wie möglich zur Rechenschaft gezogen werden. Die Menschen in Europa akzeptieren keine Verzögerungstaktiken mehr. Ich bin wirklich stolz auf die Organisationen der maltesischen Zivilgesellschaft, die ihre Stimme für die Gerechtigkeit erheben, da niemand über dem Gesetz stehen darf. In dieser für die Zukunft des Landes und die Förderung unserer europäischen Grundwerte entscheidenden Zeit möchte ich diesen Organisationen ausdrücklich unsere Solidarität und Unterstützung bekunden. Wir stehen an eurer Seite!

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