Luftfahrt: EWSA befürwortet Aussetzung von EUVorschriften für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) befürwortet den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Luftfahrt in der aktuellen Coronavirus-Krise (COVID-19) zu unterstützen.

Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, die EU-Verordnungen über die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen angesichts der Ausbreitung des Coronavirus vorübergehend auszusetzen. Der Ausschuss macht deutlich, dass die Aussetzung bis zum Ende des Sommerflugplans 2020 gelten und diese dringende Maßnahme in einem sehr viel umfassenderen Paket angesiedelt werden sollte, damit sich die EU-Luftfahrtbranche nach der Coronavirus-Krise erholen kann.

Die Aussetzung der Vorschriften würde den Luftfahrtunternehmen Planungssicherheit bieten. Die Annahme, dass die Luftfahrtunternehmen bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Wiederaufnahme ihres vollständigen Sommerflugplans ab Juni planen könnten, ist höchst unrealistisch. betonte EWSAPräsident Luca Jahier. Wir müssen bedenken, dass die EU weitreichende Maßnahmen zur Unterstützung und zum Schutz der Volkswirtschaften, der Unternehmen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten ergreifen muss, um den Schaden der Coronavirus-Krise einzudämmen und die Erholung mit allem, was nötig ist, zu unterstützen. #WhateverItTakes! erklärte er abschließend.

Aufgrund der exponentiellen Ausbreitung des Virus und der immer strikteren behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus geht die Nachfrage nach Luftverkehrsdiensten rasant zurück. Am 21. März 2020 wurden 66 % weniger Flüge als ein Jahr zuvor, am 21. März 2019, verzeichnet. Der Verkehrsrückgang an diesem Tag auf den großen europäischen Luftverkehrsmärkten in Zahlen: -91 % in Italien, -76 % in Spanien, -74 % in Frankreich, -66 % in Deutschland, -57 % in den Niederlanden, -57 % in der Türkei und -59 % im Vereinigten Königreich. Die Luftfahrtunternehmen mussten ihre Kapazitäten immer stärker zurückschrauben und ihre Flugzeuge am Boden behalten. In einigen Mitgliedstaaten mussten Fluglinien ihren Flugbetrieb gänzlich einstellen.

Der EWSA vertritt in dem am 25. März 2020 angenommenen Positionspapier, das von EWSAMitglied Thomas Kropp erarbeitet wurde, einen klaren Standpunkt. Durch den raschen, plötzlichen und unerwarteten Rückgang der Nachfrage nach Luftverkehrsdiensten gerät die Luftfahrtbranche in Bezug auf ihre Liquidität erheblich in Bedrängnis. Dazu kommen die Auswirkungen der anhaltenden Ungewissheit über die weitere Ausbreitung der Krise, erklärte Herr Kropp. Die vorgeschlagene Aussetzung der Zeitnischen-Regeln würde den Luftfahrtunternehmen Planungssicherheit für die nächsten Monate ermöglichen und klare Leitlinien für das weitere Vorgehen in Bezug auf den Sommerflugplan vorgeben, der ab 29. März 2020 gilt.

Der Vorschlag der Kommission

In der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 sind die Verfahren und Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der EU festgelegt, denen zufolge Luftfahrtunternehmen mindestens 80 % der ihnen zugewiesenen Zeitnischen innerhalb einer bestimmten Flugplanperiode nutzen müssen, um in der entsprechenden Flugplanperiode des darauffolgenden Jahres ihr Anrecht auf dieselbe Abfolge von Zeitnischen zu wahren.

Die Kommission schlägt vor, diese Verordnung zu ändern, damit Luftfahrtunternehmen ihre angestammten Rechte auf Zeitnischen wahren können, die sie für alle Flüge im Zeitraum zwischen März 2020 und Juni 2020 sowie rückwirkend vom 23. Januar 2020 bis Juni 2020 für Flüge in die und aus der Volksrepublik China sowie in und aus Hongkong nicht genutzt haben.

Der Standpunkt des EWSA

Nach Auffassung des EWSA sollte die vorgeschlagene Aussetzung mindestens bis zum 24. Oktober 2020 gelten, d. h. für die gesamte Dauer des Sommerflugplans 2020. Dies würde den Luftfahrtunternehmen Planungssicherheit bieten. Der Ausbruch des Coronavirus hat bislang beispiellose und exponentiell zunehmende Auswirkungen auf Angebot und Nachfrage in der globalen Luftfahrt.

Viele Luftfahrtunternehmen verringern ihre Kapazitäten aufgrund fehlender Vorausbuchungen weiter. Auf einigen Strecken ist die Nachfrage vollkommen zusammengebrochen und der Flugbetrieb stillgelegt. Die Wiederaufnahme von Flügen wird lange dauern, denn sie hängt auch vom Vertrauen der Fluggäste ab. Der Luftverkehrsmarkt muss daher in den kommenden Wochen und Monaten unbedingt rasch und flexibel auf die Marktentwicklungen reagieren können, ohne die Zeitnischen zu verlieren, die für die Wiederherstellung funktionierender Flugnetze unabdingbar sind.

Der EWSA empfiehlt, die Aussetzung der Regeln für Zeitnischen in einem sehr viel umfassenderen Paket dringend notwendiger Maßnahmen anzusiedeln, damit sich die EU-Luftfahrt nach der CoronaKrise erholen kann. Die Kommission hat am 13. März 2020 bereits ein Konjunkturpaket angenommen. Allerdings melden alle Luftfahrtunternehmen schwerwiegende Liquiditätsprobleme; daher ist ein sehr viel breiter aufgestelltes Konzept notwendig, das auf alle zusätzlichen finanziellen Belastungen abhebt, die von der Branche derzeit nicht zu schultern sind.

In Bezug auf Kapazitätskürzungen hebt der EWSA hervor, dass das Krisenkoordinierungsgremium für die Europäische Luftfahrt (EACCC) die Entwicklungen eng überwachen sollte, um eine optimale Kommunikation zwischen den Interessenträgern zu ermöglichen.

Mit Blick auf die Zukunft ist der EWSA bereit, sich an der weiteren Debatte über die Frage zu beteiligen, wie wieder eine lebens- und wettbewerbsfähige europäische Luftfahrtbranche aufgebaut werden kann. Dafür sind ein umfassendes Konzept und Diskussionen mit allen Interessenträgern notwendig, insbesondere den Sozialpartnern, die von der Coronavirus-Krise besonders betroffen sind.