Die erste EWSA-Jugendplenartagung Your Europe, Your Say! (YEYS) fand 2010 statt, als die verheerende Finanzkrise gerade erst begonnen hatte, sämtliche EU-Institutionen noch andere Präsidenten hatten und das Wort Brexit unbekannt war. Eine Zeit, in der Instagram nicht existierte, WhatsApp gerade erst entstanden war und Twitter – im Vergleich zu den 2019 registrierten 1,5 Milliarden Nutzern – "nur" 100 Millionen Nutzer hatte. Seither hat sich zwar vieles verändert, aber der Enthusiasmus und die Energie der jungen Menschen sind gleich geblieben. Zum 10-jährigen Jubiläum von YEYS hat der EWSA nun drei ehemalige Teilnehmende eingeladen, sich an den Debatten zu beteiligen und über ihre Erfahrungen zu berichten.

Der Spanier Carlos Aceituno war einer der Teilnehmer der ersten Jugendplenartagung im Jahr 2010. In eben diesem Jahr brachte ein Vulkanausbruch auf Island den Luftverkehr in Europa zum Erliegen, weshalb es mehrere Delegationen nicht bis nach Brüssel schafften und die spanischen und portugiesischen Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler in einem Mietwagen nach Hause fahren mussten. Aber Carlos erinnert sich auch aus vielen anderen Gründen an die Jugendplenartagung : „Es war eine tolle Gelegenheit, etwas über die Arbeit der EU-Institutionen zu erfahren und eine persönliche Beziehung zum Projekt Europa aufzubauen.“ Carlos, inzwischen 25 Jahre alt, unterrichtet heute Teenager in Mathematik, interessiert sich jedoch auch für Politik: „Zunächst möchte ich etwas Lehrerfahrung sammeln und mich künftig an Bildungsinitiativen für Menschen mit Behinderungen beteiligen oder vielleicht sogar meine eigene Beratungsfirma auf diesem Gebiet gründen.“ Carlos ist sich des Einflusses von YEYS auf seine Berufslaufbahn durchaus bewusst: „Ich würde nicht behaupten, dass meine Teilnahme an der Jugendplenartagung all meine Entscheidungen bestimmt hat, denn damals wusste ich bereits, dass ich Lehrer werden wollte; aber sie hat mir definitiv dabei geholfen, die Beziehung zwischen Bildung und politischem Engagement zu verstehen.“

2012 – also vor nur sieben Jahren – nahm die Lettin Evita Nedzvecka an der dritten Jugendplenartagung teil. Jetzt arbeitet sie als jüngste Diplomatin ihres Landes an der lettischen Botschaft in Oslo. Zu ihrer glänzenden Karriere hat auch die YEYS-Erfahrung beigetragen: „Ich bin sicher, dass die Teilnahme an der Jugendplenartagung Grund für meine Entscheidung war, Internationale Beziehungen zu studieren und schließlich die Diplomatenlaufbahn einzuschlagen. Sie half mir auch zu verstehen, wie der Beschlussfassungsprozess in den Institutionen abläuft und wie die Bürgerinnen und Bürger darauf Einfluss nehmen können.“ Die Teilnahme hat sich aber auch in persönlicher Hinsicht positiv ausgewirkt: Einige Teilnehmer sind über soziale Medien bis heute in Kontakt geblieben. Evita fügt hinzu: „Durch diese Veranstaltung konnte ich Erfahrungen und Selbstvertrauen gewinnen – danach wusste ich, dass ich alles erreichen kann, was ich will.“

Giovanni Arcari aus Italien, der an der Jugendplenartagung 2014 teilnahm, stimmt den beiden anderen ehemaligen Teilnehmern zu: „Ich habe mich immer schon für Politik interessiert, aber nicht für Parteien; durch YEYS habe ich die Rolle des EWSA und der Zivilgesellschaft entdeckt. Ich werde weiterhin anderen von der Arbeit und Aufgabe des EWSA erzählen – und betonen, dass die Teilnahme an der Jugendplenartagung eine großartige Chance ist.“ Giovanni, jetzt 22 Jahre alt, studiert Maschinenbau in Deutschland. Auch er unterstreicht den positiven Einfluss von YEYS auf das Selbstwertgefühl: „Für mich war es das erste Mal, dass ich vor Publikum sprechen musste, und das auch noch auf Englisch. Das hat mir geholfen, meine Hemmungen abzubauen, und es stellte sich heraus, dass ich in der Lage war, mit Menschen aus anderen Ländern und mit anderem Hintergrund zu kommunizieren.“

Die Rolle dieser „Veteranen“ bestand darin, sich an den Debatten zu beteiligen und ihre Erfahrungen an die diesjährigen Teilnehmenden weiterzugeben, damit diese ihre Vorschläge präziser formulieren konnten. Alle drei unterstrichen die Energie und den Enthusiasmus der Schülerinnen und Schüler und waren von deren – meist über die intensive Nutzung von sozialen Medien und Online-Ressourcen erworbenem – Wissen beeindruckt. Sie waren sich auch darin einig, dass sich die YEYS-Methodik stark verbessert hat. „Ich halte das neue Format für viel kreativer, denn es ermöglicht den Teilnehmenden, sich frei zu äußern“, so Carlos. Giovanni teilt diese Auffassung, hält aber „etwas besser strukturierte“ Debatten für sinnvoll, um das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren. Evita fasst die Diskussion in einer einfachen Wahrheit zusammen: „Talent ist Talent. Es ist egal, woher es kommt oder welche Methoden man verwendet“. Und genau das ist der Kern der Jugendplenartagung. (dgf)