Liebe Leserinnen und Leser,
Der Jahresbeginn war von mehreren Ereignissen geprägt, die sich auf die Zukunft der Europäischen Union auswirken werden.
BREXIT
Am 22. Januar nahmen unsere britischen Kolleginnen und Kollegen an ihrer letzten Plenartagung vor ihrem Ausscheiden teil. Ihre Arbeit im Ausschuss und die feierliche Veranstaltung an diesem Tag haben gezeigt, wie schmerzhaft und schwierig dieser Abschied ist. Aber einen Satz, der an diesem Tag zu hören war, haben wir noch im Ohr: „Wir sagen einander nicht Adieu, sondern auf Wiedersehen“.
Ich gehe fest davon aus, dass wir alle weiterhin zusammenstehen werden, denn die Zivilgesellschaft kennt keine Grenzen.
Wir haben allen Mitgliedern der Delegation die Hand geschüttelt – es gab so viele Emotionen, Tränen, Erinnerungen, gemeinsame Momente. Für viele bedeutet das Ende ihrer Tätigkeit im EWSA den Abschluss eines Lebensabschnitts. Ab dem 1. Februar müssen sie lernen, ohne uns zu leben, und wir müssen ohne sie leben. Ich bin überzeugt davon, dass die jahrelange Zusammenarbeit mit unseren britischen Kolleginnen und Kollegen uns für immer in guter Erinnerung bleiben wird.
Jetzt ist es an uns, eine stabile, starke Brücke zu errichten und die Verbindung zu den britischen Bürgerinnen und Bürgern zu stärken.
Diese Trennung verdeutlicht, wie wichtig es ist, nach dem 31. Januar eine andere Form der Beziehung, einen gemeinsamen Modus Vivendi zu finden. Wir brauchen mehr Kommunikation, mehr Synergie, mehr gemeinsame Projekte. Dies ist eine der Aufgaben, die uns im EWSA erwarten.
Konferenz zur Zukunft Europas
Neben anderen Gründen führte auch der Brexit zu der Idee für eine Konferenz zur Zukunft Europas, die am 9. Mai 2020 beginnt. Zwei Jahre lang werden sich die Teilnehmer mit der Funktionsweise der EU befassen. Für diese Überlegungen bietet die Konferenz das geeignete Forum.
Am 15. Januar hat das Europäische Parlament eine Entschließung verabschiedet, in welcher der diesbezügliche Rahmen abgesteckt wird, und am 22. Januar hat die Europäische Kommission eine entsprechende Mitteilung veröffentlicht.
Ich bin überzeugt, dass die Konferenz zur Zukunft Europas zum Anlass genommen werden muss, mit den Bürgerinnen und Bürgern und allen Interessenträgern – den nationalen Parlamenten, dem EWSA, weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft und vielen anderen mehr – die politischen Grundsätze für künftige Maßnahmen Europas zu erörtern. Als Mitglieder des EWSA sind wir uns der Komplexität dieser herausfordernden Aufgabe durchaus bewusst. Wir sind jedoch überzeugt, dass die Konferenz nur dann erfolgreich sein kann, wenn die organisierte Zivilgesellschaft sich Gehör verschafft.
Im Übrigen zeigt die von der Kommission im November 2019 erhobene Standard-Eurobarometer-Umfrage, dass sich 83 % der Befragten wünschen, dass die Stimme der Bürgerinnen und Bürger bei Entscheidungen über die Zukunft Europas auf allen Ebenen – also sowohl der nationalen als auch der regionalen und lokalen Ebene – stärker berücksichtigt wird.
Erklärung von Robert Schuman
Die Konferenz zur Zukunft Europas wird ihre Arbeit zeitgleich mit dem Jahrestag der Erklärung von Robert Schuman aufnehmen. Dabei werden 70 Jahre Frieden in Europa gefeiert – 70 Jahre, die von der immer tieferen europäischen Integration, gemeinsamen Projekten sowie den europäischen Werten und Grundrechten geprägt sind. Wir werden uns für das Gebot eines offenen, solidarischen und gerechten Europas einsetzen. Wir sind uns bewusst, dass die EU kein perfektes Konstrukt ist. Sie befindet sich an einem Wendepunkt, sie hinterfragt sich, und vor diesem Hintergrund rücken die Zivilgesellschaft und die wesentliche Rolle, die sie bei der Stärkung der Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern spielen kann, wieder mehr und mehr in den Vordergrund.
Die EU braucht uns, die Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft, die mit den lokalen Gegebenheiten, den Themen und dem Leben außerhalb Brüssels vertraut sind, mehr denn je. Es wird eine große Herausforderung darstellen, gemeinsam die möglichen Synergien zu heben, eine Partnerschaft aller Institutionen aufzubauen und die Ergebnisse nach zwei Jahren während des französischen Ratsvorsitzes zu präsentieren.
Zusammen mit allen anderen Institutionen müssen wir uns auf den Weg in die Zukunft machen – das ist es, was uns 2020 gelingen muss. Denn jetzt geht es mit der Arbeit auf der EU-Ebene erst richtig los.
Isabel Caño Aguilar
Vizepräsidentin für Kommunikation
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